Wie langfristig angekündigt, war der hundertste Jahrestag der Aufstellung eines Gedenksteines in der Reddelicher Alten Dorfstraße Anlass genug für einen Exkurs in die Geschichte Europas, dem die etwa dreißig Interessierten, in der Reddelicher Bauernscheune, aufmerksam folgten. Im Vorfeld richteten Aktive des Kulturvereins und Jörg Morwinsky in ihrer Freizeit, ganz pragmatisch, das Umfeld der beiden Gedenksteine in Reddelich her. Die Ostseesparkasse konnte als Sponsor für die professionelle Restauration der Inschriften und einer kleinen Feierstunde gewonnen werden.
Reinhold Griese, von der Arbeitsgruppe Chronik, versuchte in einer guten Stunde den Spagat zwischen unserer 800-Seelen-Gemeinde und den großen Weltläuften hinzubekommen. Beide Steine erinnern an große Ereignisse in der Weltpolitik, an denen auch Reddelicher und Brodhäger beteiligt waren.
Sicher, der Beweis, dass auch wenigstens ein Reddelicher oder Brodhäger direkt an der Völkerschlacht beteiligt war, die vom 16. bis 19. Oktober 1813 in und um Leipzig tobte, steht noch aus. Die Geschichte Mecklenburgs, und damit auch die von Reddelich und Brodhagen, wäre anders verlaufen, wenn sich das Land in den europäischen Konflikten mit Napoleon anders verhalten hätte. So aber fand die Kameradschaft Reddelich des REICHSKRIEGERBUNDES KYFFHÄUSER E. V. 1913 gute Gründe, an den damals hundertsten Jahrestag der Völkerschlacht zu erinnern.
Auch wenn dies in einer national-militaristisch aufgeheizten Stimmung am Vorabend des Ersten Weltkrieges geschah, wurde dort den Opfern einer Schlacht der Superlative gedacht. Nie zuvor und auch nicht danach, standen sich in Europa mehr Soldaten in einer offenen Feldschlacht direkt gegenüber. Nicht weniger als eine halbe Million Soldaten kämpften für ihre Herrscher, an den vier Tagen, um die Vormachtstellung in Europa.
Nicht weniger national-militaristisch verbrämt war die Stimmung, die 1921 bei der Einweihung des anderen Reddelicher Gedenksteines herrschte, der heute vor dem FFZ steht. Die Opfer, denen dort gedacht wurde, starben gleichfalls in einem Krieg der Superlative. Anders als bei der Völkerschlacht, sind die Opfer des Ersten Weltkrieges aus unserer Gemeinde heute namentlich bekannt. Da ist es schon eine sehr makabere Ironie der Geschichte, dass bereits wenige Jahre später, im Zweiten Weltkrieg, erneut Rekorde von zweifelhaftem Ruhm gebrochen wurden. Da haben offensichtlich alle Mahn- und Gedenkmale nicht gefruchtet.
Es bleibt die Hoffnung, dass sich Geschichte diesmal, wo Deutschland schon wieder Soldaten in zwielichtige Kriegsabenteuer schickt, nicht so schnell und schon garnicht so heftig wiederholt! Innehalten und ein wenig nachdenken – ist der bescheidene Anspruch dieser Aktion, mit der die Gedenksteine wieder etwas ins Bewusstsein der Bürger gerückt werden sollten.
Ulf Lübs
Dokumentiert wurde die Aktion auch mit einigen Bildern: